Gesprächsnotiz: Quartalsgespräch Ortsbeirat und Hofgutvertreter 07.12.2023

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  • Quartalsgespräch Ortsbeirat und Hofgutvertreter 23.04.2024, 16:00 Uhr, 
    Themen: Sachstand Boardinghouse, Abriss der Scheune, Bauvorhaben Große Trattoria,
    Änderungsantrag Erweiterung der Reitsportanlage Regionalplan Mittelhessen; Besucher-
    und Veranstaltungszahlen 2023 / Großveranstaltungen 2024

Quartalsgespräch Ortsbeirat und Hofgutvertreter


Zum Hintergrund: Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches Dagobertshausen zu den Ergebnissen seiner Beratungen (Juni 2023), Auszug:


Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches (Juni 2023)

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Weitere Informationen zum Runden Tisch 2023-2024, s. Dokumentation adribo
 
https://adribo.de/project/runder-tisch-dagobertshausen/


"Wie wollen wir im Jahr 2030 in Dagobertshausen leben?"

Dialogverfahren Dagobertshausen – adribo

Moderierter Diskussionsprozess um die Zukunft des Stadtteils ...

https://adribo.de/project/dialogverfahren-dagobertshausen/

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Runder Tisch in Dagobertshausen

„Annäherung in Dagobertshausen“? (OP vom 23.06.2023, S. 4) Im Gegenteil: Ich trete zurück

Liebe Nachbarn,

vielleicht haben Sie heute den Artikel in der OP unter der Überschrift „Annäherung in Dagobertshausen“ gelesen bzw. die „Gemeinsame Erklärung der (durchgeführten) Mediation“? Ich habe an dieser Erklärung nicht mitgewirkt, weil ich vorzeitig aus den Runde Tisch – Gesprächen ausgestiegen bin - wie Sie wissen. Mit der jetzt veröffentlichten „gemeinsamen Erklärung“ wird der Eindruck einer vertrauensbildenden und gelungenen Maßnahme zu erzeugen versucht. Das kann ich in keiner Weise nachvollziehen.

Im Ergebnis ist es bei den substantiellen Meinungsverschiedenheiten geblieben: Die Expansion der örtlichen Unternehmen wird weiter vorangetrieben - lediglich beschränkt durch Reglementierungen des Regierungspräsidenten (Reitsportanlage), der Stadt (Umbau der Dagobertshäuser Straße 6 – hier hat die Stadt ein Gesamtkonzept eingefordert) oder durch veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Hotel-Mengelhof). Diese Beschränkungen, die in der „Gemeinsamen Erklärung…“ als Ergebnis der zurückliegenden Gespräche präsentiert werden, haben überhaupt nichts damit zu tun. Die fortgesetzte Expansion der örtlichen Unternehmen wird weiter vorangetrieben, und zwar gegen den einheitlich vorgetragenen Willen der Bevölkerung - sowohl bei den Dialoggesprächen des letzten Sommers 2022 ("keine weitere Expansion - bis hier hin und nicht weiter") als auch gegen den Beschluss des Ortsbeirats vom September 2022.

„Neu“ angeboten haben die Unternehmen letztlich nur: Noch mehr Information, noch mehr Gespräche und noch mehr Lärmmessungen bei Großveranstaltungen. Aber dadurch wird ja nichts besser! Vor allem ändert sich nichts an den Belastungen für die Bevölkerung. Dass hat die Großveranstaltung der DVAG vom 21.06.2023 auf dem Hofgut wieder einmal beispielhaft gezeigt: Es war so laut und rücksichtslos wie eh und je. Aber: Es gab Lärmmessungen (über deren Validität sich wirklich  streiten lässt, z.B. die unteren Frequenzen bleiben dabei völlig außen vor). Auch direkt neben unserem Haus - sicherlich nicht ganz zufällig - haben die Unternehmen Schallmessungen durchführen lassen. Diese werden sicherlich belegen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen für Lärmemission (im Mittel über 16 Stunden) eingehalten worden sind. Dennoch habe ich mich durch die Veranstaltung – ebenso wie andere Bürger/innen im Ort - extrem belästigt gefühlt. Das angebliche Eingehen auf die Bedürfnisse der Bevölkerung gestaltet sich mithin so, dass gar nicht erst versucht wird, Dauer und Lärmpegel der Veranstaltungen zu reduzieren. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht vielmehr der Nachweis, dass man sich im gesetzlich zulässigen Rahmen bewegt hat.

Auf entsprechende Beschwerden hin reagierte der Ortsvorsteher mit dem Hinweis auf individuell unterschiedliches Empfinden, er selbst fühle sich nicht gestört. Im Übrigen sei die Veranstaltung beim Ortsbeirat (OBR) angemeldet worden und es würden ja Lärmmessungen durchgeführt.

Viele ähnliche Aussagen des Ortsvorstehers haben in mir zur Gegenwart hin den Zweifel erzeugt, ob dieser OBR noch vorrangig die Interessen der Wohnbevölkerung unterstützt oder nicht eher die, der örtlichen Unternehmen. Einem OBR, der in dieser Hinsicht nicht über jeden Zweifel erhaben ist, möchte ich nicht angehören. Nach einer längeren Phase des Nachdenkens habe ich deshalb jetzt die entsprechenden Schritte für meinen sofortigen Rücktritt aus dem Ortsbeirat eingeleitet. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis. 

Mit besten Grüßen

Thomas Rautenberg         


Dokumentation


Dialogverfahren und Runder Tisch bringen keine Lösung für Dagobertshausen (2):


Zum Artikel in der OP vom 23.06.2023: Annäherung in Dagobertshausen

Stellungnahme der Stadtteilinititative: LEBEN UND WOHNEN IN DAGO

Link zur gemeinsamen Erklärung: Bretz(Gf), Fritz (adribo), Reckling(OV)


Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches Dagobertshausen zu den Ergebnissen seiner Beratungen

In der heutigen Berichterstattung in der Oberhessischen Presse (23.06.2023) „Annäherung in Dagobertshausen“ bzw. „Gemeinsame Erklärung der (durchgeführten) Mediation“? wird der Eindruck einer gelungenen, vertrauensbildenden und ergebnisreichen Maßnahme vermittelt. Aus Sicht der Stadtteilinitiative stellt sich das in keiner Weise so dar.

 

Klares Votum „keine weitere Expansion des Hofguts und der Reitsportanlage“

Das Moderationsverfahren sollte maßgeblich dazu beitragen, ein konfliktfreies Miteinander von Leben/Wohnen & Freizeitgewerbe zu befördern. Nach dem gescheiterten Start 2020 (Stadt bietet Mediationsverfahren an und zieht Angebot wieder zurück) gab es hohe Erwartungen. OB Dr. Thomas Spies erklärte frühzeitig, dass die Stadt keine aktive Rolle in dem Prozess übernehmen werde. Die Unternehmerfamilie machte es sich ebenfalls leicht: Sie schickte Vertreter bzw. Geschäftsführer des Hofguts / Vila Vita - aber noch nicht einmal die wichtigen Geschäftsführer der Reitsportanlage waren vertreten. Der Ortsbeirat war gesetzt. Für den Runden Tisch wurden (lediglich) sieben MitbürgerInnen nach dem Windhundprinzip ausgewählt.

 

In den Umfrageergebnissen und den Dialogveranstaltungen Sommer 2022 wurde das Votum der Dagobertshäuser BürgerInnen „Keine weitere Expansion des Hofguts und der Reitsportanlage!“ und dem Beschluss des Ortsbeirats vom September 2022 deutlich bekräftigt. Die Positionen und Ziele der Stadtteilinitiative, gestärkt durch das breite Wählervotum für die Bürgerliste, sind seit 2018 hinlänglich bekannt (z.B. planvolle und ausgewogene Stadtteilentwicklung, Begrenzung der Freizeitgewerbeexpansion und Rückführung der Besucherzahlen auf das genehmigte Maß sowie proaktives Handeln von Ortsbeirat, Stadt und RP Gießen).

 

Keine substantiellen Lösungen, Verbesserungen und Vereinbarungen

In der Gesamtschau hat der zeitintensive moderierte Vermittlungsprozess, zuletzt im Format des Runden Tisches zu keinen substantiellen Lösungen, Verbesserungen und Vereinbarungen geführt. Die Erwartungen des Ortsbeirats, der AnwohnerInnen und die Positionen der Stadtteilinitiative bezogen auf verbindliche Zusagen der Betreibergesellschaft und einer nachhaltigen Befriedung der Interessenkonflikte wurden nicht erfüllt. Ungelöst bleiben die Nutzungskonflikte zwischen dem Erhalt der Lebens- bzw. Wohnqualität bzw. den berechtigten Anwohnerinteressen und den Beeinträchtigungen durch die fortwährende Expansion der Gewerbebetriebe. Es gibt lediglich marginale Absprachen (z.B. frühzeitige Information, Einsichtnahme in Lärmprotokolle, mehr Gespräche). Dadurch wird nichts besser und vor allem ändert sich nichts an den Belastungen für die Bevölkerung, was die ganztägige Großveranstaltung am 21.06.2023 mit Lautsprecherdurchsagen, Beschallungsanlage und discoartigen Musikbässen erneut gezeigt hat. Weitere geplante Großevents alleine in dieser Woche: 23.06.2023 mit ca. 800 Personen und 25.06.2023 mit ca. 2500 Personen.

 

Vorkehrungen gegen überhöhten Lärm höchst zweifelhaft

Der zu erwartenden Bürgerkritik wird mit allen verfügbaren technischen und personellen Mitteln vorgebeugt. Das Ziel ist nicht die Rücksichtnahme oder das Schutzbedürfnis der BürgerInnen, sondern der Nachweis, dass man sich im gesetzlichen Rahmen bewegt, wobei die Qualität des Verfahrens der Lärmmessung höchst zweifelhaft ist (z.B. punktuelle Messungen, Standorte, fehlende Lärmkartierung).

 

Ungebremste Gewerbeexpansion im laufenden Vermittlungsverfahren

Obwohl OB Dr. Thomas Spies im Januar 2020 mitgeteilt hatte, dass alle laufenden Bauanträge während des Vermittlungsverfahrens ruhen sollten, wurde die Expansion der örtlichen Unternehmen ungebremst vorangetrieben:

  • Großflächige Erweiterung der Reitsportanlage mit Änderungsantrag zum Entwurf des Regionalplans Mittelhessen (2015 auf 8 ha erweitert, 2013 mit 4 ha gestartet
  • Neuer Bauantrag (Umnutzung des Wohngebäudes Dagobertshäuser Str. 6 Manufaktur für regionale Lebensmittelprodukte/Gastronomiebetrieb), neues Restaurant in Kulturscheune
  • Ein 2020 bereits genehmigter Bauantrag zum Neubau einer 2. Stallanlage (ca.10 x 25 m) 

Mittlerweile haben sich acht ansässige Firmen von Hofgut/Vila Vita und Reitsportanlage etabliert, die die hiesige Expansion mit nicht-kommunizierten Bauvorgaben bzw. Sparten vorantreiben und sich dabei gerade nicht um das Wohlergehen der Dagobertshäuser BürgerInnen kümmern.

Die Vertreter des Hofguts/Vila Vita nutzen die Gesprächsrunden, um sich ihre Vorhaben mehr oder weniger vorab legitimieren zu lassen. Informationen zu Bauvorhaben haben einen spärlichen, irreführenden oder vertröstenden Charakter (z.B. wurde der Begründungsantrag zur Erweiterung der Reitsportanlage nicht zur Verfügung gestellt). Vielfach wird das Narrativ bemüht, dass sich die Projekte intuitiv, situativ und spontan entwickeln und keine konkrete Planung zugrunde liegen würde.

 

Dagobertshausen braucht keine Runden Tische etc. ohne die maßgeblichen Entscheider

Als gravierende Schwachstelle hat sich herausgestellt, dass das Dialogformat als Runder Tisch ab 2023 wiederum ohne die maßgeblichen Entscheider der Stadt und der Unternehmerfamilie Pohl fortgesetzt wurde. Die Stadt kann den Runden Tisch nutzen, um das eigene (Nicht-) Handeln nach außen zu legitimieren, während nach innen keine aktive Verantwortungsübernahme erfolgt. 

 

Der Runde Tisch fand mit geschlossenem Teilnehmerkreis statt. Die Sitzungen waren nicht öffentlich und die Beteiligten werden zur Vertraulichkeit verpflichtet. Konflikte und Meinungsunterschiede werden in den Protokollen fast vollständig ausgeblendet. Zwischen dem Vertreter der Stadtteilinitiative und den Hofgutverantwortlichen gab es massive Konflikte, wiederholt war von Lügen und Naivität die Rede, Sitzungen wurden unterbrochen. Erst als der Vertreter der Stadtteilinitiative in der 3. Runde unter Protest seinen Ausstieg erklärte, las man dort einige unschöne Zeilen. Bis dahin aber musste man von außen betrachtet den Eindruck einer weitgehend widerspruchsfreien Gesprächssituation haben, in der es sachlich, fair und konstruktiv zuging.

 

Der Ortsbeirat, die Stadt Marburg und der RP Gießen müssen jetzt handeln!

Seit Jahren wird das Konflikt- und Spannungsfeld in Dagobertshausen auf der politischen Ebene diskutiert. Ein ausgewogenes Gesamtkonzept ist die naheliegende Lösung und wurde von Stadtverordneten nahezu aller Fraktionen, in Großen und Kleinen Anfragen sowie in den städtischen Gremien dringend gefordert. 

Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bemühte 2020 zwar erneut das Narrativ einer völlig unerwarteten Entwicklung, deutete aber eine Richtungsänderung unter Wahrung der Bürgerinteressen (eine rote Linie) an:

 „… Da ist nicht ein Plan da gewesen, wir setzen jetzt ein Eventzentrum ins ruhige beschauliche Dagobertshausen. Das hätte ja nie ein Mensch gemacht, sondern da gab es Schrittchen für Schrittchen ... dadurch hat sich für den kleinen Ortsteil Dagobertshausen eine Spannung ergeben, mit der vorher glaube ich keiner gerechnet hat als das losgegangen ist. Diese Frage muss man jetzt lösen; man muss gucken, wie sorgt man dafür, dass die Interessen der Dagobertshäuser so gut wie möglich gewahrt werden.  … Ich glaube, wir sollten mal zu einem abgeschlossenen Plan kommen …“. (OB Dr. Spies, Vorortdialog 2020)

 

Leider folgten keine Taten! 

 

Mehr denn je erwächst ein dringender Handlungsbedarf für die maßgeblichen Entscheidungsträger der Stadt Marburg und des Regierungspräsidiums Gießen, strukturelle Weichen für ein planvolles und ausgewogenes Stadtteilentwicklungskonzept in Dagobertshausen zu stellen. Zu den wesentlichen Aspekten gehören:

  • Die Stadt als „Herr des Verfahrens“ steht vor dem Dilemma, ob sie ihrer Verantwortung für den Erhalt des Wohn- und Lebensorts gerecht werden oder die investorenfreundliche, mit Salamitaktik vorangetriebene Expansion der Gewerbebetriebe (33 Baugenehmigungsvorgänge, Stand: 2019) weiterhin aktiv befördern will. Die Stadt kennt die Fakten- und Problemlage, beherrscht planvolle Stadtentwicklung und verfügt über alle Instrumente, abwägend, regulierend und intervenierend zu steuern. Jetzt sind die Stadt und der RP Gießen gefordert, die Grundlagen für ein tragfähiges Zukunftskonzept für die heutigen und künftigen Generationen zu schaffen.
  • Wegweisend ist dabei die Möglichkeit, Dagobertshausen im Kontext eines städtebaulichen Rahmenplans für den gesamten Ort und einer Erhaltungssatzung für den Kernbereich in den Blick zu nehmen und die unterschiedlichen Interessenslagen i.R. einer Öffentlichkeitsbeteiligung unter Einschluss der Träger öffentlicher Belange zu berücksichtigen“. Diese Option sollte i.R. einer transparenten und breiten Bürgerbeteiligung sowie einem Genehmigungs-Moratorium für den Zeitraum des Verfahrens weiterverfolgt werden.
  • Derzeit sollten die Stadt und der RP beantragte Bauanträge und Plananpassungen erst dann weiterverfolgen, wenn die Unternehmen ein abschließendes Gesamtkonzept und valide Besucherzahlen geliefert haben. Im Übrigen wird die Stadt Marburg erneut aufgefordert, die Einhaltung der erteilten Baugenehmigungen zu überwachen (z.B. Eventscheune max. 350 Personen, Außenrestauration für 60 Personen) und Überschreitungen zu reglementieren.
  •  Für den weiteren Verlauf hat die Vorgabe des Regierungspräsidiums Gießen Regionalplanung, Bauleitplanung eine besondere Schlüsselrolle. Auf Anfrage teilt sie der Stadtteilinitiative im Mai 2023 mit: „… dass es im Jahr 2019 Gespräche mit der Stadt Marburg hinsichtlich der Möglichkeiten einer Erweiterung der Reitanlage Dagobertshausen gegeben hat und im Rahmen dessen auf die Notwendigkeit eines Zielabweichungsverfahrens hingewiesen wurde. Ein solches wurde allerdings bisher nicht beantragt."
  • Nicht zuletzt muss sich der Ortsbeirat entscheiden, ob er seine Ansprüche an die örtlichen Unternehmen und die Stadt (z.B. keine weitere Ausweitung von Eventeinrichtungen oder keine Erweiterung der Reitsportanlage) konsequent weiterverfolgen und einfordern will oder ob er mittels Harmoniebestreben den unbefriedigenden Status Quo stabilisiert. 

Dialogverfahren und Runder Tisch bringen keine Lösung für Dagobertshausen (1)

Die Idee und Initiative für das moderierte Dialogverfahren und den Runden Tisch gingen vom Ortsvorsteher aus. Die Strategie der vorherigen Ortsbeiräte von Dagobertshausen und des jetzigen (mehrheitlich durch die Dorfgemeinschaftsliste gebildeten) OBR war immer schon auf Dialog und harmonisches Miteinander mit den örtlichen Unternehmen ausgerichtet.

Der OB erklärte frühzeitig, dass die Stadt keine aktive Rolle in dem Prozess übernehmen werde. Die Unternehmerfamilie machte es sich ebenfalls leicht: Sie schickte Vertreter bzw. Geschäftsführer des Hofguts / Vila Vita - aber noch nicht einmal die wichtigen Geschäftsführer der Reitsportanlage waren vertreten. Der Ortsbeirat war gesetzt. Die sieben Mitbürger/innen wurden nach dem Windhundprinzip ausgewählt. Moderiert und protokolliert wurde das Ganze von der Firma adribo.

Anfänglich vertrösteten und täuschten die Geschäftsführer der hiesigen Unternehmen über weite Strecken, solange, bis es sich nicht mehr verheimlichen ließ: Die Gewerbebetriebe (vor allem die Reitsportanlage) expandieren ungebremst weiter und das, gegen den erklärten Willen der Bevölkerung (s. Dialogveranstaltungen vom Sommer 2022).

 

Außerdem krachte es gewaltig zwischen dem Vertreter der Stadtteilinitiative und den Hofgutverantwortlichen, wiederholt war von Lügen und Naivität die Rede, Sitzungen wurden unterbrochen, doch davon konnte man in den adribo-Protokollen nichts lesen. Erst als der Vertreter der Stadtteilinitiative in der 3. Runde unter Protest den Tisch verließ, las man dort einige unschöne Zeilen. Bis dahin aber musste man von außen betrachtet den Eindruck einer weitgehend widerspruchsfreien Gesprächssituation haben, in der es sachlich, fair und konstruktiv zuging.

 

Weil der auf Einhegung der örtlichen Gewerbe-Expansion gerichtete Beschluss des OBR (vom September 2022) offensichtlich auf taube Ohren bei den Gesellschaftern stieß, (die Geschäftsführer fungierten hier nur als Boten), wurden zwischenzeitlich leichter zu erreichende Ziele im Runden Tisch formuliert: Das „Wir-Gefühl“ sollte gestärkt werden, indem auf vermeintlich gemeinsame Interessen der Dorfbevölkerung mit den Hofgutunternehmen abgestellt wurde. Vorbild dafür war das exklusiv für die Ortsbevölkerung organisierte „Glühweintrinken“ auf dem letzten Weihnachtsmarkt des Hofguts. Angestrengt wurde nach weiteren Mehrwert-Beispielen für die Zukunft geforscht (z.B. exklusives Erdbeerpflücken oder Plastiksammeln auf den Feldern für die ansässige Bevölkerung etc.). Von ‚Win-Win Situation‘ war die Rede - aber den eigentlichen Nutzen tragen wohl die Unternehmen davon: Was dem Bild eines harmonischen Miteinanders mit der Dorfbevölkerung und dem OBR entspricht ist gleichsam kostenfreies Marketing für die Unternehmen.

 

Wenn Sie Zweifel am ‚Win-Win‘-Narrativ und anderen Erzählungen (bekommen) haben und an detaillierten Einschätzungen zum Dialogverfahren / Runden Tisch interessiert sind, lesen Sie alles zu diesem Thema im nachfolgenden Bericht.


Dialogverfahren/Runder Tisch in Dagobertshausen – Einschätzungen und Perspektiven unter dem Fokus Leben / Wohnen vs. Gewerbeexpansion (Thomas Rautenberg / Ute Göbel-Lehnert, 09.06.2023)

 

Vorbemerkungen: Im Fokus der nachfolgenden Betrachtungen steht der Kernkonflikt „Erhalt der Wohn- und Lebensqualität versus sukzessive Expansion der rund um das Hofgut und die Reitsport-anlage angesiedelten Gewerbe-, Restaurations- und Freizeitbetriebe“, der den Ausgangspunkt geliefert hat. Die im Dialogverfahren/Runden Tisch bearbeiteten weiteren Themen wie Dorfleben, Sicherheit und Infrastruktur oder Verkehr haben einen eigenständigen Stellenwert, obwohl die Überfülle das ursprüngliche Kernthema „verwässert“ hat. Das Engagement der beteiligten Bürgerinnen und Bürger verdient eine hohe Wertschätzung.

 

Voranstellend sei angemerkt, dass der sehr zeitintensive moderierte Diskussionsprozess zu keinen substantiellen Lösungen, Verbesserungen und Vereinbarungen geführt hat. Eine ggf. ins Auge gefasste Fortsetzung in den bisherigen Formaten erscheint uns daher nicht geeignet.

 

Ausgangspunkt: Das vom Ortsbeirat 2021 initiierte Moderationsverfahren sollte maßgeblich dazu beitragen, ein konfliktfreies Miteinander von Leben/Wohnen & Freizeitgewerbe zu befördern. In den Umfrageergebnissen und den Dialogveranstaltungen 2022 wurde das Votum „Keine weitere Expansion des Hofguts und der Reitsportanlage!“ deutlich bekräftigt. Die Positionen und Ziele der Stadtteilinitiative[1], gestärkt durch das breite Wählervotum für die Bürgerliste, sind bekannt.

Seit Jahren wird das Konflikt- und Spannungsfeld in Dagobertshausen auch auf der politischen Ebene diskutiert. Ein ausgewogenes Gesamtkonzept wäre die naheliegende Lösung und wurde von Stadtverordneten nahezu aller Fraktionen, in Großen und Kleinen Anfragen sowie in den städtischen Gremien dringend gefordert. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bemühte 2020 zwar erneut das Narrativ einer völlig unerwarteten Entwicklung, deutete aber eine Richtungs-änderung unter Wahrung der Bürgerinteressen (eine rote Linie) an[2]. Leider folgten keine Taten! Die Stadt übernimmt keine Steuerungsverantwortung für die Stadtteilentwicklung.

Um die Konfliktlagen und mediale Unruhe zu wenden, wurde auf Mediation, Moderation, Dialog und Runder Tisch zurückgegriffen. Die Stadt sicherte zwar die Finanzierung zu, der Oberbürger-meister teilte allerdings im Mai 2021 und analog im Febr. 2020 mit: „Die Stadt selbst wird keine aktive Rolle in dem Moderations­prozess übernehmen.“ Der Ortsbeirat hob mehrfach hervor, miteinander ins Gespräch kommen zu wollen. Nach dem gescheiterten Start 2020 (Stadt bietet Mediationsverfahren an und zieht Angebot wieder zurück) gab es hohe Erwartungen an das von dem Unternehmen adribo GbR moderierte Verfahren (s. hierzu Detailbetrachtungen, S. 3f.).

 

Gesamteinschätzung und Perspektiven: Resümierend ist festzustellen, dass der Grundkonflikt zwischen dem Erhalt der Lebens- bzw. Wohnqualität und den Beeinträchtigungen durch die fortwährende Expansion der Gewerbebetriebe nicht auf der Ebene der Dialogveranstaltungen / Runder Tisch gelöst werden konnte. Unternehmerische und wirtschaftliche Ziele stehen den berechtigten Lebensbedürfnissen bzw. dem Schutz der Anwohnerinteressen gegenüber. Der zugrundeliegende Nutzungskonflikt ist kein Kommunikationsproblem, sondern in erster Linie ein städtebauliches, strukturelles Problem. Daraus erwächst ein dringender Handlungsbedarf für die maßgeblichen Entscheidungsträger der Stadt Marburg und des Regierungspräsidiums Gießen, strukturelle Weichen für ein planvolles und ausgewogenes Stadtteilentwicklungskonzept in Dagobertshausen zu stellen. Zu den wesentlichen Aspekten gehören:

  1. Die Stadt als „Herr des Verfahrens“ steht vor dem Dilemma, ob sie ihrer Verantwortung für den Erhalt des Wohn- und Lebensorts gerecht werden oder die investorenfreundliche, mit Salamitaktik vorangetriebene Expansion der Gewerbebetriebe (33 Baugenehmigungsvorgänge, Stand: 2019) weiterhin aktiv befördern will. Die Stadt kennt die Fakten- und Problemlage, beherrscht planvolle Stadtentwicklung und verfügt über alle Instrumente, abwägend, regulierend und intervenierend zu steuern. Jetzt sind die Stadt und der RP Gießen gefordert, die Grundlagen für ein tragfähiges Zukunftskonzept für die heutigen und künftigen Generationen zu schaffen.

  2. Wegweisend ist dabei die Möglichkeit, Dagobertshausen im Kontext eines städtebaulichen Rahmenplans für den gesamten Ort und einer Erhaltungssatzung für den Kernbereich in den Blick zu nehmen und die unterschiedlichen Interessenslagen i.R. einer Öffentlichkeitsbeteiligung unter Einschluss der Träger öffentlicher Belange zu berücksichtigen“ [3]. Diese Option sollte i.R. einer transparenten und breiten Bürgerbeteiligung sowie einem Moratorium für den Zeitraum des Verfahrens (keine weiteren Genehmigungen) weiterverfolgt werden.

  3. Derzeit sollten die Stadt und der RP beantragte Bauanträge und Plananpassungen (S. 3f.) erst dann weiterverfolgen, wenn die Unternehmen ein abschließendes Gesamtkonzept und valide Besucherzahlen geliefert haben. Im Übrigen wird die Stadt Marburg erneut aufgefordert, die Einhaltung der erteilten Baugenehmigungen zu überwachen (z.B. Eventscheune max. 350 Personen, Außenrestauration für 60 Personen) und Überschreitungen zu reglementieren.

  4. Für den weiteren Verlauf hat die Vorgabe des Regierungspräsidiums Gießen 
    Regionalplanung, Bauleitplanung eine besondere Schlüsselrolle. Auf Anfrage teilt sie der Stadtteilinitiative im Mai 2023 mit: „… dass es im Jahr 2019 Gespräche mit der Stadt Marburg hinsichtlich der Möglichkeiten einer Erweiterung der Reitanlage Dagobertshausen gegeben hat und im Rahmen dessen auf die Notwendigkeit eines Zielabweichungsverfahrens hingewiesen wurde. Ein solches wurde allerdings bisher nicht beantragt."

  5. Ein Verfahren – in welchem Format auch immer – ohne den Einbezug der maßgeblichen Entscheider ist nicht zielführend. Diese gravierende Schwachstelle hat sich im Verlauf zulasten der AnwohnerInneninteressen ausgewirkt. Die Stadt nutzt den Runden Tisch, um das eigene (Nicht-) Handeln nach außen zu legitimieren, während nach innen keine aktive Verantwortungs-übernahme erfolgt. Die Vertreter des Hofguts/Vila Vita nutzen den RT, um sich ihre Vorhaben legitimieren zu lassen. Dabei bemühen sie das Narrativ, dass sich die Projekte intuitiv, situativ und spontan entwickeln und keine konkrete Planung zugrunde liegen würden. Der Runde Tisch ist häufig eine Art toter Briefkasten, in den Wunschzettel eingeworfen werden, zu denen es aber keine Rückmeldung gibt.[4]

  6. Sofern das klare Votum der Dagobertshäuser BürgerInnen „Keine weitere Expansion … bis hierher und nicht weiter – Geben Sie der Familie Pohl bitte weiter, dass es genug ist.“[5] eine ernsthafte Berücksichtigung findet, muss zu erwarten sein, dass sich die Unternehmerfamilie Pohl persönlich in naher Zukunft einem anzustrebenden Interessenausgleich der Belange der AnwohnerInnen stellt und sich verpflichtet, diese konsequent zu berücksichtigen. Derzeit ist das Gegenteil der Fall. Mittlerweile haben sich acht ansässige Firmen etabliert, die die hiesige Expansion u.a. mit neuen Sparten vorantreiben und sich dabei gerade nicht um das Wohlergehen der Dagobertshäuser BürgerInnen kümmern.

  7. Der Runde Tisch hat sich weit entfernt von den Erwartungen des Ortsbeirats, der AnwohnerInnen und Positionen der Stadtteilinitiative bezogen auf verbindliche Zusagen der Betreibergesellschaft und einer nachhaltigen Befriedung der Interessenkonflikte. Es gibt keinen Konsens mit substanziellen Lösungen, sondern lediglich marginale Absprachen (z.B. frühzeitige Information, Einsichtnahme in Lärmprotokolle).

  8.  Der Ortsbeirat muss sich entscheiden, ob er seine Ansprüche an die örtlichen Unternehmen und die Stadt (z.B. keine weitere Ausweitung von Eventeinrichtungen oder keine Erweiterung der Reitsportanlage) konsequent weiterverfolgen und einfordern will oder ob er mittels Harmoniebestreben (Wir-Gefühl und vermeidlichen Win-win-Situationen) den Status Quo stabilisiert.

  9. Mit Blick auf die externe Unterstützung durch adribo GbR wurden wichtige Aspekte (z.B. aktive Beteiligung der Stadt Marburg) in dem von Prof. Dr. Fritz erbetenen Gespräch im Dez. 2021 seitens der Vertreter der Stadtteilinitiative erörtert. Es ist nicht vertretbar, dass das Dialogformat als Runder Tisch wiederum ohne die maßgeblichen Entscheider fortgesetzt wurde. Beratung läuft dadurch Gefahr, vom Auftraggeber instrumentalisiert zu werden. Die eigentlich notwendige neutrale Vermittlung zwischen den Beteiligten wird ebenso wie der „adribo-Geheimhaltungsansatz“[6] kritisch bewertet.

 

[1] s. Website Stadtteilinitiative Leben und Wohnen in DAGO https://www.dagobertshausen.website

[2] „… Da ist nicht ein Plan da gewesen, wir setzen jetzt ein Eventzentrum ins ruhige beschauliche Dagobertshausen. Das hätte ja nie ein Mensch gemacht, sondern da gab es Schrittchen für Schrittchen ... dadurch hat sich für den kleinen Ortsteil Dagobertshausen eine Spannung ergeben, mit der vorher glaube ich keiner gerechnet hat als das losgegangen ist. Diese Frage muss man jetzt lösen; man muss gucken, wie sorgt man dafür, dass die Interessen der Dagobertshäuser so gut wie möglich gewahrt werden.  … Ich glaube, wir sollten mal zu einem abgeschlossenen Plan kommen …“. (OB Dr. Spies, Vorortdialog 2020)

[3] Vgl. adribo-Protokoll 3. Sitzung RT 02.05.2023

[4] Oder sie fällt formaljuristisch aus: Wir tun nichts Unrechtes, was geschieht, geschieht im Rahmen des Gesetzes.

[5] s. Oberhessische Presse, Die Richtung stimmt, 02.07.2022

[6] Der Runde Tisch findet mit geschlossenem Teilnehmerkreis statt. Die Sitzungen sind nicht öffentlich und die Beteiligten werden zur Vertraulichkeit verpflichtet. Konflikte und Meinungsunterschiede werden in den Protokollen fast vollständig ausgeblendet.


Der Vertreter der Stadtteilinitiative hat sich aus dem Runden Tisch zurückgezogen


Protokollauszug Runder Tisch 3. Sitzung April 2023


IV. Protokoll der 2. Sitzung und Vertraulichkeitsabrede (TOP III.)

 

Sodann kommt der Moderator mit einer kurzen Einführung auf den aufgetretenen Disput in der vergangenen Sitzung zu sprechen und auf seine vergeblichen Bemühungen, die Konfliktparteien für ein gemeinsames vertrauliches Gespräch an einen Tisch zu bringen. Er betont, dass es nach seiner Auffassung für die weitere Arbeit des RT und die noch anstehenden Themen nicht von Bedeutung sei, wie viele Besucher in der Vergangenheit an den Veranstaltungen des Hofguts etc. teilgenommen hätten. Teilnehmer des RT sehen dies ebenso und betonen, dass die Thematik nicht weiter vertieft werden sollte.

 

Der Moderator ergänzt, die Beteiligten hätten in der Zwischenzeit umfangreiche Erklärungen per Mail ausgetauscht, bei denen es im um die Frage gegangen sei, ob die seitens der BI erhobenen und veröffentlichten Zahlen valide seien und den Vorhalt der Unwahrheit rechtfertigten. Dr. Rautenberg führt Belege für die von ihm recherchierten Zahlen an, woraufhin die Vertreter des Hofguts deutlich machen, dass die von Dr. Rautenberg angeführten Zahlen entgegen den Behauptungen keine Zahlen des Hofguts oder von VilaVita seien, vielmehr sog. Facebook-Zahlen, die bekanntermaßen nicht valide seien. Über die Gültigkeit dieser Zahlen geraten die Beteiligten erneut in einen Disput, in dessen Verlauf Dr. Rautenberg erklärt, er werde nicht weiter am RT mitarbeiten und die Sitzung – trotz entgegenstehender Appelle seitens des Moderators und von Teilnehmern des RT - verlässt. Auf Anregung aus dem Teilnehmerkreis, das Hofgut möge doch offizielle Zahlen erheben, antwortet Herr Hamann, dass „man dies tatsächlich einmal tun müsste“. Der RT ist sich einig, den Disput nicht weiter thematisieren zu wollen, solange kein belastbares Zahlenmaterial vorläge. Der RT erklärt hierzu abschließend, > er bedauere den Schritt von Dr. Rautenberg, nicht länger am RT mitarbeiten zu wollen.


Kommentar zum adribo-Protokoll:

Die von den Hofgutverantwortlichen aufgeworfene Frage, ob die seitens der Stadtteilinitiative für die Vergangenheit  (2018; 2014 - 2019)  erhobenen Daten den Vorhalt der Unwahrheit (genauer: Der Lüge) erfüllen, ist in der Tat  nebensächlichWeil die Initiative immer nur auf vorhandene Daten aus dem Internet und andere Medien zugreifen konnte (die mit Quellenfehlern behaftet sein können) mussten zum Teil auch Vergröberungen in Kauf genommen werden. Wesentlich war dabei die Darstellung von ungefähren Größenordnungen. Ob das Dorf Dagobertshausen im Jahr 2018 von exakt 60, 80 oder 100 Tausend Besuchern überschwemmt wurde ist dabei unerheblich, jede dieser Größenordnungen ist unangemessen im Verhältnis zur Einwohnerzahl von ca. 350.  

 

Die seitens der Behörden genehmigten Zahlen zu Einzelveranstaltungen werden auch nach den Werbeangaben der Hofgutunternehmen regelmäßig überschritten.

 

Beispiel: (BTB 45/2015) „Nutzungsänderung Eventscheune“: Hier wurde die Umnutzung der ehemaligen Scheune für bis dahin weniger als 200 Personen in eine "Versammlungsstätte" mit bis zu 350 Personen beantragt und genehmigt. Tatsächlich wird diese "Versammlungsstätte" aber schon seit etwa 2013 - ausweislich der Eigendarstellung der zusammengefassten Eventbetriebe im Internet unter www.hofgut-dagobertshausen.com nicht etwa nur für bis zu 350 Personen, sondern für bis zu 3.000 Personen beworben.

 

Wichtig ist mithin die Vorlage von validen Daten durch die Vila Vita - Hofgutunternehmen selbst! Das gilt auch für Themen, die zuletzt im RT  behandelt worden sind. Vor allem im Hinblick auf künftige Entscheidungen in Politik und Verwaltung u.a.

  • zur beantragten Manufaktur-Gastronomie Dagobertshäuser Str. 6
  • zur Erweiterung der Reitsportanlage und nicht zuletzt
  • zum Erlass einer Erhaltungssatzung für den Ortskern und einen städtebaulichen Rahmenplan für den gesamten Ort

sind diese Informationen sehr wichtig.

 

Existieren diese Daten derzeit tatsächlich nicht in den Unternehmen? Wenn es dort angeblich keine Statistiken gibt, beispielsweise zur Anzahl der Hochzeitsevents/Gäste, der Restaurantgäste oder der DVAG-Berater*innen-Meetings oder der Firmenevents, worauf gründet sich dann eigentlich die Behauptung, dass die Stadtteilinitiative ganz offensichtlich mit falschen Zahlen operiert? 

 

Die unverbindliche Aussage von GF Hamann zur Forderung von verlässlichen Zahlen, dass „man dies tatsächlich einmal tun müsste“ reicht hier bei Weitem nicht aus. Die Stadt und der RP sollten deutlich machen, dass weitere Genehmigungen und beantragte Plananpassungen erst dann möglich sein werden, wenn die Unternehmen nachvollziehbare Angaben zu aktuellen und künftigen Besucherzahlen  liefern.

 

Thomas Rautenberg

OB, Stadt (Politik) und RP müssen jetzt wirklich etwas tun!

Historie und Ausblick zur örtlichen Reitsportanlage:

 

Mit der beim Regierungspräsidium beantragten Erweiterung und Verdoppelung der Reitsportanlage würde sich die Gesamtfläche dieser Anlage von derzeit ca. 8 ha auf ca. 16 ha verdoppeln. Das wären dann mithin insgesamt rd. 22 1/2 Fußballfelder (1 Fußballplatz = 0,714 ha).

 

In der Vergangenheit hat die städtische Politik durch immer neue Beschlüsse und Genehmigungen die mit Salamitaktik vorangetriebene Expansion der örtlichen Reitsportanlage befördert. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung in der Zukunft fortsetzen würde, wenn nicht OB, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung sowie das Regierungspräsidium diesmal anders entscheiden.

 

Es ist nicht davon auszugehen, dass die örtlichen Unternehmen und deren Eigentümer etwas an ihren Expansionsplänen ändern werden. Da helfen leider auch keine Runden Tische und noch so viele Gespräche.

 

„Wir (haben) in Deutschland eine stark ausgeprägte Sehnsucht nach Konsens. (…) Da gibt es die Vorstellung, wenn wir nur lange genug diskutieren, müssen wir doch irgendwann alle einer Meinung sein. Nein, muss man nicht!“

 

(Tom Buhrow, Intendant des WDR u.a. Vorsitzender der ARD)


2. Runder Tisch Dagobertshausen am 28.02.2023

Wenn es so käme - wie von den örtlichen Unternehmen zum künftigen Regionalplan beantragt - würde sich die Reitsportanlage größenmäßig mindestens verdoppeln und (fast) bis an die Grenze von Elnhausen reichen. Das haben die Verantwortlichen von Vila Vita / Hofgut jetzt beim 2. „Runden Tisch“ bestätigt.

Immer wieder hatten OBR und Bevölkerung nachgefragt: Was hat Vila Vita an einschlägigen Erweiterungen beim zuständigen Regierungspräsidenten beantragt? Die Aussagen waren stets spärlich und kryptisch. So hieß es im letzten Sommer noch bei den beiden Dialogveranstaltungen dazu:

„Wie bereits im Rahmen des letzten Termins dargelegt geht es um eine Erweiterung der Reitsportanlage, also primär einen Reitplatz, Pferdeboxen und umweltrechtliche Ausgleichsflächen.“ [Auszug: adribo Beantworteter Fragenkatalog vom 21.06.2022 (3. Fragen an Vila Vita)]

Und im Protokoll der 1. Sitzung des RT vom 19.01.2023 wurde lediglich festgehalten: 

"Sie (die Geschäftsführer von Vila Vita /Hofgut) erläutern kurz die vorgesehenen Änderungen im Hinblick auf den Regionalplan, die eine Verlagerung/Ergänzung der Reitsportmöglichkeiten Richtung bestehender Parkplatz, mithin auf dem Grund und Boden des Eigentümers, vorsehe."

Ortsvorsteher, Peter Reckling nahm "Bezug auf die(se) Erläuterungen in der 1. Sitzung des RT zu diesem Thema und überreicht(e) den Teilnehmenden des RT Pläne betreffend Regionalplan Mittelhessen 2010, Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2021 (Anlage 2) sowie betreffend  den Umfang der beantragten Änderung durch Vila/Vita (rote Umrandung) (Anlage 3 [sieben Bild oben]). Er merkt(e) an, dass aus den bisherigen Informationen im Dialogverfahren und am RT nicht deutlich geworden sei, wieviel Fläche durch den Änderungsantrag betroffen sei.“

 

„Die Vertreter von Hofgut/VilaVita treten dem entgegen. In der hierzu intensiv geführten Diskussion wird deutlich, dass sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Positionen des antragstellenden Unternehmens und des Ortsbeirates entgegenstehen, zumal letzter bereits erklärt hat(te), einer Ausweitung der Reitsportanlage nicht zustimmen zu wollen." 

(Protokollauszug adribo „Runder Tisch“ vom 28.02.2023 siehe unten)

 

Was die Unternehmen lediglich angeboten haben, sind sogenannte „win-win“ Incentives, etwa: die Nutzung des Hofguts für die Ortsbevölkerung (z.B. für Infoveranstaltungen oder Charity Events etc.) sowie Ferienjobs, Praktikumsangebote und Lehrstellen in den Unternehmen.

Außerdem wurden (weitere) Lärmmessungen bei Großveranstaltungen zugesagt (in deren Ergebnisse der OBR Einsicht erhalten soll) sowie insgesamt frühzeitigere und umfassendere Informationen zu geplanten Baumaßnahmen. 

Das vollständige Protokoll der Sitzung steht nachfolgend zum Download bereit:

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Protokoll adribo
Protokoll 2. Runder Tisch vom 28_02_2023
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1. Runder Tisch Dagobertshausen am 19.01.2023

Sieben Bürger_innen,  die nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt - mahlt zuerst "zugelassen" waren,  waren auch dabei (neben anderen: Ortsbeirat, Verwaltung, Hofgutunternehmen und Mediator Roland Fritz (adribo)). Weil Vertraulichkeit vereinbart wurde, kann an dieser Stelle erstmal nichts berichtet werden. Protokollhoheit liegt bei adribo. Ein Protokoll zur ersten Sitzung liegt nunmehr vor und wird nachfolgend abgebildet:

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Protokoll adribo
Protokoll 19_01_2023final.pdf
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Im Protokoll wird Bezug genommen auf einen Lärm-Messbericht, für eine Veranstaltung des Hofguts, die vom 22. bis 24.07.2022 dauerte. Der Messbericht ist unter folgendem Link abrufbar:   https://adribo.de/wp-content/uploads/2023/01/Protkolle-Laermmessungen.pdf

Dazu nachfolgend der einschlägige Auszug aus dem Protokoll

"Sodann diskutieren die Teilnehmenden über die Veranstaltung des Hofguts vom 22. bis 24.Juli 2022. Seinerzeit, so ein Teilnehmer, sei es zu nicht zumutbaren Lärmbelästigungen gekommen. Die Vertreter des Hofguts weisen dies zurück und erklären, dass sie – wie schon in der 2. Dialogveranstaltung angekündigt – Lärmmessungen durchgeführt hätten und überreichen die entsprechenden Protokolle dem Ortsbeirat, der Vertreterin der Stadt Marburg und der Moderation. Die Veranstaltung sei entsprechend der TA Lärm (nach Punkt 6.3 Immissionsrichtwerte für seltene Ereignisse, nach 7.2 TA Lärm „an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden“) zu bewerten und alle gemessenen Werte hätten sich im Rahmen der vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte (tagsüber 70 dB, nachts 55 dB) gehalten, wie den Messprotokollen zu entnehmen sei (zu den Messprotokollen hier)."


20.05.2021 Ortsbeirat (OBR) beschließt Moderation

Der OBR beschließt mit den Einwohner*innen des Stadtteils über Zielsetzungen und Veränderungen sowie die vorrangigen Vorhaben für gemeinschaftsbildendende Maßnahmen unter Einschluss auch der konfliktbehafteten Themen wie Umbauten im Dorfkern und den Umgang mit den verschiedenen gewerblichen Betrieben eine Moderation zu beginnen. Der OBR beantragt die Bereitstellung von entsprechenden Finanzmitteln für die zeitnahe Durchführung und die Beauftragung eines / einer externen Moderator*in (geplanter Beginn des Prozesses im Sommer d.J. und Abschluss zum Ende d.J.).

 

In einem Schreiben des Oberbürgermeisters vom 18.05.2021 an den OBR (dass der OV Peter Reckling in der OBR-Sitzung am 20.05.2021 vorgetragen hat) heißt es u.a.: "Die Stadt selbst wird keine aktive Rolle in dem Moderationsprozess übernehmen." Schon bei dem Mediationsversuch des letzten Jahres hieß es in einem Schreiben vom 25.02.2020 (s. unten) ganz ähnlich: "Eine aktive Beteiligung seitens des Magistrates und der Verwaltung ist jedoch ausdrücklich nicht vorgesehen." 

Wenn es aber bei der nun anstehenden Moderation auch um stadtplanerische Fragen der Entwicklung des Ortskerns von Dagobertshausen gehen soll  - s. auch Protokolle OBR vom 20.05.2021 - wie kann es dann ohne Stadt und Verwaltung zu einem vernünftigen Ergebnis kommen? Immerhin heißt es aber in dem Schreiben auch: ... die Stadt wäre bereit, dieses Verfahren zu finanzieren und in einer neutralen Rolle beratend zu begleiten. Darauf folgt ein Hinweis auf die zuständigen Fachdienste.

 

Zu den an dem Prozess zu beteiligenden Akteuren werden im o.g. Schreiben bereits konkrete Erwartungen formuliert, genannt werden (abschließend): Vereine, Gruppierungen, interessierte Einwohner*innen von Dagobertshausen  und Gewerbetreibende.

 

Werden sich Letztere (Hofgut, Reitsportanlage etc.) tatsächlich an dem Prozess der Moderation beteiligen? Optimistisch betrachtet könnte man diese Frage bejahen, schließlich hieß es zuletzt in einem Zeitungsartikel der OP vom 19.05.2021 (Stadt genehmigt umstrittenes Bauprojekt in Dagobertshausen): "''Für einen sachlichen und konstruktiven Austausch – insbesondere mit dem Ortsbeirat – sind wir nach wie vor offen', teilte Stephan Bretz, Justiziar von Vila Vita und Vertreter der Eigentümer-Familie Pohl mit." Andererseits hatten die Betriebe bei dem vorangegangenen und gescheiterten  Versuch einer Mediation wohl Bedenken geäußert (s.u.: Schreiben der Stadt vom 19.03.2020).

 

Werden also aus einem evtl. stattfindenden Austausch mit den örtlichen Gesellschaften auch Zugeständnisse an die Dagobertshäuser Bevölkerung resultieren? Hier dürften bezogen auf das Bauvorhaben Hof Mengel wohl eher Zweifel angebracht sein, denn im zuvor benannten Artikel hieß es auch: "Das Unternehmen hält daran fest, das Bauprojekt (Hotel Mengelhof) im beantragten und genehmigten Umfang umzusetzen." Das würde bedeuten, dass sich eine Moderation lediglich noch auf  den Betrieb dieser Einrichtung beschränken würde. Evtl. getroffene Absprachen würden aber vielleicht genauso wenig eingehalten, wie die vormals getroffene Vereinbarung (maximal 3 Großveranstaltungen im Jahr) über den Betrieb der örtlichen Reitsportanlage.

 

Dann bliebe noch der Ansatz, über einen Bebauungsplan für den bisher nicht über-planten Innenbereich des Dagobertshäuser Ortskerns transparente Regelungen bzw. Festsetzungen hinsichtlich der Bebauung aufzustellen, um aufkommende Konflikte zu entschärfen (siehe Email von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN  Stadtverband Marburg an die Stadtteilinitiative). Zu dieser Möglichkeit hatte sich OV Peter Reckling in der Ortsbeiratssitzung vom 20.05.2021 allerdings skeptisch geäußert.

 

Wenn die Skepsis von Reckling zuträfe, wäre die Frage: Was könnte dann noch durch die geplante Moderation erreicht werden? Die Erwartungen der Initiatoren der Moderation sind mithin schon vor Beginn des Prozesses recht niedrig gehängt worden. Sollte das ganze womöglich in der Hauptsache der Befriedung der angeblich gespaltenen Bevölkerung dienen? Was das Hotelprojekt Mengelhof anbetrifft, so sind die Meinungen hierzu gar nicht mal so gespalten. Es gibt eigentlich niemanden im Ort, der das Projekt  so befürwortet. Das Risiko für den Ortsbeirat besteht daher darin, dass, wenn am Ende einer solchen Moderation nicht spürbare Erfolge (Verbesserungen) stehen, der Unmut in Dagobertshausen noch weiter wachsen könnte. Dieses Szenario würde eintreten, wenn es am Ende heißen sollte: Es sei zwar nichts Wesentliches dabei heraus gekommen, aber: trotzdem gut, dass man mal drüber gesprochen habe.



Rückblick: Mediation 2020

25.02.2020: Stadt bietet Mediationsverfahren im Stadtteil Dagobertshausen an

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Präsentation Stadtteilinitiative Leben u
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19.03.2020: Stadt zieht ihr Mediations-Angebot überraschend wieder zurück