Zur aktuellen Situation in Dagobertshausen ...
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Den aufgelösten Ortsbeirat Dagobertshausen vermisse ich/wir nicht. Aber die alte denkmalgeschützte Scheune auf dem Mengelhof.
Der ehemalige Ortsvorsteher, Peter Reckling, sieht das anders, er lässt sich dazu in der OP so zitieren: „Zu der Scheune gab es nie unterschiedliche Meinungen im Dorf, sie war in einem katastrophalen Zustand, ist schon jahrzehntelang unter dem Vorbesitzer vergammelt“.
Hier irrt der Ortsvorsteher a.D. wie häufig zuvor.
Dass die Scheune mit Erlaubnis des Magistrats rechtswidrig abgerissen wurde, stört ihn nicht – aber mich und viele andere im Ort, da übersieht er zumindest unterschiedliche Meinungen im Ort. Für ihn existiert hier auch kein Versäumnis des aktuellen Eigentümers Pohl oder des Magistrats, der den rechtmäßigen Abriss beschloss, stattdessen verortet er die Verantwortung für den Denkmalschutzverstoß beim Vorbesitzer, der die Scheune angeblich vergammeln hat lassen.
Das ist bemerkenswert. Mit dieser Einstellung hat sich der Ortsvorsteher a.D. einmal mehr die Interessen derjenigen zu eigen gemacht, die ein Interesse an der fortgesetzten Expansion der örtlichen Gewerbebetriebe hatten. Dazu passt seine Aussage im Bau und Mobilitätsausschuss vom letzten Jahr, dass nach seiner Ansicht die Scheune gar nicht denkmalgeschützt sei, sondern nur das Hofgut Ensemble als Ganzes. Die diesbezügliche Baugenehmigung der Stadt zum Umbau des Mengelhofs steht dem allerdings diametral entgegen: Scheune und Herrenhaus sind denkmalgeschützt – alles andere kann abgerissen werden.
Wozu braucht es eigentlich in einem überschaubaren Ort mit so wenigen Bewohnern einen Ortsbeirat. Was hat er bislang bewirkt, etwa beim Erhalt der Wohn- und Lebensqualität, beim Erhalt der dörflichen Struktur, bei der Zurückdrängung der fortgesetzten Expansion der Freizeitindustrie, im Erhalt denkmalgeschützter Gebäude etc.?
Für die Organisation von gemeinsamen Ortswanderungen braucht es ja letztlich kein staatlich verfasstes Organ, das ließe sich auch aufwandsärmer bewerkstelligen. Bei substantiellen Angelegenheiten des Ortes ist die Bilanz auf diese Frage eher bescheiden. Zusammengefasst lässt sich dazu feststellen, dass die Beschlüsse des Ortsbeirats Dagobertshausen dem entsprechen, was die OP im Artikel - Politik(er) in jedem Bezirk - vom 30.05.2025 generell für das wenig wirksame Handeln von Ortsbeiräten wiedergibt: „Wenn ein Ortsbeirat ein Votum im Sinne der Stadtspitze treffe, werde das Ergebnis als positive Rückendeckung vorgehalten. Doch sei das Ergebnis gegenläufig werde es oft verschwiegen und meist übergangen.“
Ob ein Ortsbeirat tatsächlich ernst genommen wird, liege zentral daran „wie hartnäckig man kämpft“ meint Ex-Ortsvorsteher Reckling. Auf den Ort Dagobertshausen bezogen muss ich dazu aus meiner Erfahrung konstatieren: Entweder wurde hier nicht hartnäckig genug gekämpft oder den Entscheidern in Marburg war es schlicht egal. Wahrscheinlich trifft beides zu. Dafür gibt es viele Beispiele.
Trotzdem ist Ortsvorsteher Reckling a.D. der Meinung, dass noch mehr Ortsbeiräte (mehr als in Frankfurt a.M.) etwas mit Demokratie zu tun hätten. Die OP fordert in Ihrem Kommentar vom 30.05.2025 dementgegen: „Nicht noch mehr Staat“ - und hat völlig recht: Das freie Engagement der Bürger in Form von Bürgerinitiativen ist der staatlich organisierten, bürokratisch geformten Beteiligung in mehrfacher Hinsicht deutlich überlegen. Finanzielle, und praktische Erwägungen einmal außen vorgelassen: Der (auch bürokratische) Aufwand, den Marburg hier betreibt, steht in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen.
Dennoch: Es gibt Ausnahmen. Die konzertierte Abwehr der Allnatal-Umfahrung durch betroffene Ortsbeiräte – „mit Gewicht“ ist so eine. Sie spricht eigentlich für eine Straffung - sprich Zusammenfassung der bestehenden Ortsbeiräte. Für den viel zu kleinen Ortsbeirat Dagobertshausen bedeutet dies, er sollte baldmöglichst mit einem anderen Ortsbeirat fusioniert werden. Der benachbarte Ortsbeirat Elnhausen wäre – nicht nur aus räumlichen Gründen - höchst naheliegend.
Kommentar: Der Beitrag des Hr inszeniert eine heile Welt und ein idyllisches Dagobertshausen, was bei dem Format („dolles Dorf“) nicht unüblich ist. Hierzu lässt man in der Winterzeit die Kugeln auf einem seit Jahren nicht benutzten Bouleplatz rollen. Das Carsharing-Projekt des früheren Ortsvorstehers darf dabei nicht fehlen.
Die Besonderheiten des historischen Ortskerns mit seinen großen Höfen, den Oldtimer-Traktoren, der Feldscheune mit markantem Spitztonnendach heben sich ebenso positiv hervor wie die umfangreiche Kakteenzucht und nicht zuletzt die Kinder auf dem Bolzplatz.
Aktuelle Themen und Problemlagen wie z.B. die umstrittene Erweiterung der Pharmaindustrie / Görzhausen IV oder die erneute Expansion von Hofgut und Reitsportanlage werden ausgeklammert. Dass über diese Entwicklungen der Ortsbeirat auseinander gebrochen ist, interessiert nicht. Selbst die geplante Stromtrasse (Rhein-Main-Link) erscheint im Zauber des angrenzenden Literaturpfades. Und der Geschäftsführer des Hofguts (Vila Vita Marburg) wiegelt etwaige Probleme mit einem beschwichtigenden Kommentar ab.
Die Stadtteilinitiative ist über das Vorhaben und den Beitrag des HR weder informiert noch eingebunden gewesen.
Kommentare
Glosse (12.07.2024)
Immer denkt man bei jedem einzelnen Schritt der Unternehmen und der Stadt zur
Entwertung der hiesigen Wohngebiete „jetzt kann es nicht mehr schlimmer kommen“.
Irrtum!
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat in der Bauausschusssitzung am 08.05.2024 von einer sehr „beruhigten“ Lage in Dagobertshausen gesprochen.
Damit die Stimmen, Fragen und Meinungen der Bürgerinnen und Bürgern nicht verhallen ...